The Hans am Austernfestival Galway + die besten Austern-Lokale von Wien bis Boston

Ich habe mich auf eine beschwerliche Reise begeben, um mich selbst zu verwöhnen: nach Galway, Irland, zum berühmten Austernfestival. Jetzt weiß ich alles über die verschiedenen Sorten, ihre unterschiedlichen Geschmacksrichtungen und kenne auch die besten Austernrestaurants der Welt.

© Oyster Festival Galway

Austern-öffnen im Akkord: Die Weltmeisterschaft in Galway

29 offene Austern lagen bereits vor mir. Mit zwei Stichen und einer schnellen Drehung sprang auch die Nummer 30 heraus und wurde liebevoll als letzte auf den Teller gelegt. Das Zelt jubelte: Der schwarzgelockte Federico Fiorillo war der neue „Weltmeister im Austernöffnen“, niemand hatte alle 30 Austern schneller geöffnet als er, nämlich in knapp über fünf Minuten.

Auch ich habe brav mitgeklatscht. Über dieses Spektakel in Galway an der westirischen Küste hatte ich schon einiges gelesen und jetzt wollte ich auch mal live dabei sein. Die Anreise ist beschwerlich, mit dem Flieger nach Dublin und von dort noch einmal zwei Stunden quer durch Irland mit dem Leihwagen. Aber was tut man nicht alles, wenn man ein Austernliebhaber ist. Denn dort, in Galway, wird nicht nur der Austern-Matador gekürt, dort gibt es auch die vielleicht besten ihrer Art, die Kelly-Austern, die hier in Irland geerntet werden.

„Natürlich sind unsere Austern viel besser als die französischen“, sagt Diarmuid Kelly, Chef der größten Austernbank an der Galway Bay, mit siegessicherem Lächeln. „Unser Wasser, in dem sie aufwachsen, ist frischer und klarer und wir setzten viel weniger von ihnen in der Bay an, dadurch haben sie mehr Nahrung und werden kräftiger wir haben aus den Fehlern der französischen Freunde gelernt!“

Ja, ich kann das bestätigen, die flachen Kelly-Austern sind fester und fleischiger und haben einen leicht salzigen Geschmack. Sogar meine Frau, die Austern hasst („viel zu glitschig im Mund, nein“), hätte ihre Freude dran. Aber sie hatte ja vorneweg den Austern-Trip verweigert. Wenn Weltmeister Fiorillo sie bei unserer nächsten London-Reise in seinem Stammlokal, der „Bentley Oyster Bar„, serviert, da wird vielleicht sogar sie auf den Geschmack kommen.

Copyright, Bentley’s Oyster Bar & Grill

Artenvielfalt: Die Austern-Sorten

Austern sind nicht jedermanns oder jederfraus Sache. Man schlürft sie roh und hat einen Mund voll Meer. Manchmal werden sie auch gekocht oder gebraten serviert, na ja, brauch ich eigentlich nicht, weil der originäre Geschmack dadurch verloren geht.

Wer jemals vor einem Austernstand die Qual der Wahl hatte, weiß, wie viele verschiedene Arten angeboten werden.

  • Die einfachsten sind die „Fines de Claire„, die sind nur wenige Wochen im Klärbecken gelegen, das merkt man auch, durchschnittlich.

  • Die „Spéciales de Claire“ waren länger im Becken, haben einen milderen Geschmack und sind aber auch deutlich teurer. Je nach Region heißen sie auch Marennes, Bouzigues, Gillardeau (alles Frankreich), Galway (Irland, siehe oben), Ebro (Spanien), Sylter (Deutschland).
  • Und dann ist da noch die Luxusmarke Belon, flache Austern, fleischig, teuer – die einzigen übrig gebliebenen europäischen Austern, alle anderen sind pazifische, die sich weltweit verbreitet haben. Am besten, Sie lassen sich vom jeweiligen Austernöffner beraten, ich tu es auch, man kann ja nicht alles wissen.

Übrigens, ein wenig Vorsicht ist angebracht, Austern klären pro Tag 240 Liter Wasser auf der Suche nach Mineralien – da muss das Becken oder die Meeresströmung schon rein sein, damit man sich keine Vergiftung holt. Daher nur bei erstklassigen Händlern und Restaurants zuschlagen, damit das Austernvergnügen auch tags darauf ein Vergnügen bleibt. Tipp von mir, nicht unbedingt ärztlich verordnet: Nach einem Dutzend Austern mit frischem Weißwein ruhig einen örtlichen Schnaps kippen, für den empfindlichen Magen eine willkommene Unterstützung.

Die besten Austernlokale in Wien und Berlin

© Kelly Oysters

Jetzt aber zur wichtigsten Frage: Wo bekommt man die besten Austern?

In Galway ist’s einfach. Direkt bei der Austernbank der Kellys oder in einem der umliegenden Seafood-Restaurants – da kommen alle frisch aus der Bay. Aber zu Hause oder im Urlaub?

© Le Salzgries

Fangen wir in Wien an. Da hol ich mir die frische Ware beim „Umar-Fisch“ am Naschmarkt oder ich geh zu Denis König ins „Le Salzgries„, der kriegt seine Austern dreimal pro Woche aus Paris.

Copyright Volk

In Berlin gibt’s einen – fast konkurrenzlosen – Spezialisten: die „Volk Austernbar„, wo die französische Chefin Margaux aufkocht. Deren Sohn mit einem amerikanischen Rockmusiker hört übrigens auf den Namen Falco, nach unserem Amadeus-Star.

Top-Austernlokale in Frankreich und Spanien

© HUÎTRERIE RÉGIS

Weiter nach Frankreich, dem Zentrum der Austernkultur. Für einen gepflegten Austernabend an der Seine in Paris geht’s in die „Huîtrerie Régis„.

© par Astoux et Brun

Und weiter im Süden, an der Côte d’Azur, pilgere ich bei jeder Fernsehmesse seit 20 Jahren zu Astoux et Brun“ in Cannes. Es hat einen Grund, warum es hier immer rappelvoll ist und daneben halbleer. Die Austern kommen direkt aus der Normandie oder der Bretagne, die Seeigel aus der Bucht von Cannes.

Die freundlichen Austernöffner an der Ecke lassen mir jeweils die jahreszeitlich besten servieren – und, ich schwöre es, bei mehr als 1.000 Austern war noch nie eine schlechte dabei. Hoffentlich hab ich es mit dieser Feststellung nicht verschrien, wie man in Wien sagt.

Auch weiter westlich an der spanischen Mittelmeerküste kann man eine Spezialität verkosten: Die Austern von der Ebro-Mündung zwischen Barcelona und Valencia sind besonders gut und nussig dank der Mischung aus Süß-und Meereswasser, wo sie gezüchtet werden.

©Joël's Oyster Bar

In „Joël’s Oyster Bar am Boqueria-Markt in Barcelona findet man sie immer. Auch wenn der Stand ein bisschen schmuddelig daherkommt, die Austern sind gut und frisch und relativ billig – Marktpreise eben. Vornehmer und fürs Abendessen geeigneter ist die „Oyster & Sea Barvon Ostras Thierry gleich neben der Sagrada Família, die bietet ein ganzes Potpourri von Austern an und dazu noch herrliche Langusten, vor Ort frisch gefangen.

© Ostras Thierry

Austern schlürfen in den USA

COPYRIGHT GRAND CENTRAL TERMINAL

Einen Blick über den Atlantik müssen wir noch machen. Wer noch nie in der „Oyster Bar“ am Bahnhof Grand Central Austern verkostet hat, der hat New York nicht zur Gänze entdeckt. Ein riesiger Gewölbekeller im Souterrain, mit sechs U-förmigen Theken und einem Anbot von 16 verschiedenen amerikanischen Austern von der West-und der Ostküste, von klein bis riesig, von leicht salzig bis süßlich-nussig – ein Eldorado für Austernliebhaber.

© Union Oyster House

Wenn wir schon beim Schwärmen sind, eine Flugstunde nördlich in Boston hab ich die schönste Austernbar der Welt entdeckt. Das „Union Oyster House“ ist angeblich auch die älteste der Welt. Hinter einer halbkreisförmigen steinernen Theke werkt ab 18 Uhr ein „Oyster Opener“ wie aus dem Bilderbuch für Gourmets: gestreiftes weißes Hemd mit dem Union-Emblem der Bar, lange Lederschürze, zwei krasse Metallhandschuhe, um das Öffnen der scharfzackigen Boston Bay Oysters verletzungsfrei zu überstehen. Und die Austern fleischig, fast bissfest, die Boston Bay im Mund.

Die Szenerie hat auch meinen damals neunjährigen Sohn Christof begeistert. „My first oyster“, erklärte er mit leicht verzerrter Miene den Thekennachbarn, als er tapfer die Riesenauster geschluckt hatte. Der spontane Applaus hat ihn dann noch zum Verzehr einer weiteren motiviert – und heute, ein paar Jahre später, sind mindestens ein Dutzend dran. Ja, früh übt sich, wer ein Meister werden will