Kulinarische Sünden in Dubai

Ich geb’s zu: Ich habe gesündigt. Sebastian und Angela haben angeordnet, dass ich auf absehbare Zeit mein Zuhause nicht verlassen darf. Aber ich habe es trotzdem gemacht. Ja, ich bin nach Dubai geflogen, an den Arabischen Golf. Trotz aller Warnungen in der Corona-Zeit.

Mit Maske wieder in die Restaurants

Zur Verteidigung kann ich drei Gründe angeben. Erstens: In Dubai hat es derzeit 25 Grad, statt Nieselregen gibt es Sonnenschein. Zweitens: Die Ansteckungsrate in den Emiraten war – zumindest während meines Besuchs – nur halb so groß wie jene in Mitteleuropa. Drittens sind in Dubai nicht nur die Geschäfte, sondern, Gott sei Dank, auch die Restaurants geöffnet.

Natürlich heißt es Maske tragen. Beim Gang zum Swimmingpool im Hotel, auf der Straße, in den Shopping Malls, beim Reingehen ins Restaurant, beim Toilettenbesuch. Der Abstand zum nächsten Tisch beträgt tatsächlich zwei Meter, und auch das Servicepersonal trägt fast immer die Maske ordentlich – nicht unterm Kinn, sondern sinnvollerweise über Mund und Nase.

Wieder ins Restaurant zu gehen, das ist schon ein wunderbares Erlebnis nach all den Lockdowns. Endlich einmal nicht selbst kochen oder Take-aways aufwärmen – sondern auf einer Speisekarte aussuchen, wonach es einen gelüstet. Und Dubai ist dafür der richtige Platz, wo es alle großen Küchen gibt. Denn abgesehen von New York oder Paris ist das hier der Platz, wo alle renommierten Restaurants ihre Dependancen aufsperren. Denn hier gibt’s genug Geld, von den Scheichs und von den Touristen. Dubai ist – so könnte man in Anspielung auf den Lyriker Friedrich Hebbel sagen – die kleine Welt, in der die große ihre Probe hält.

Asiatisch im "Nobu"

Das Nobu - Qualität, die schmeckt.
Das Nobu - Qualität, die schmeckt. - (c) Time Out Dubai

Vor allem die Asiaten haben sich am Golf angesiedelt. Mein geliebtes „Nobu“ residiert im riesigen Atlantis-Hotel auf der aufgeschütteten Palme und liefert eine Qualität, die man nicht einmal in New York bekommt. „Hier habe ich einen meiner besten Küchenchefs, und das schmeckt man auch“, hat mir Nobu Matsuhisa, Gründer und Mastermind beim letzten Treffen in seinem Dubai-Ableger erzählt. Deshalb gibt es nicht nur die „Nobu“-Spezialitäten von Yellowtail mit Jalapeño bis zum Miso-Cod, sondern auch dessen „Dubai Specials“: Ceviche vom Seabass mit Kokos und Mais oder das Wagyu Beef mit Pilzen auf crispy Reis. Dazu ein Dry-Asahi-Bier, und die Welt ist zumindest kurzfristig wieder in Ordnung.

Ähnlich hervorragend diniert man im „Zuma“ des deutschen Küchenchefs Rainer Becker, der ebenfalls Japanisch-Peruanisches im Finanzdistrikt auftischt. Eine Enttäuschung ist dagegen die berühmte „Buddha Bar“, die sich von Paris aus weltweit fortgepflanzt hat. Natürlich ist die Deko mit dem riesigen goldenen Buddha beeindruckend, das Essen allerdings weniger. Quatschige Tempura-Shrimps, fade Calamari, und beim Beef-Lemongrass-Salat gab’s viel Salat, wenig Lemongrass und fast kein Beef.

Neueinstieg: Das "Indochine" sorgt für Furore

Indochine
Indochine © ITP Media Group

DAFÜR HAT EIN NEUEINSTIEG ins Restaurantgeschäft schon nach kurzer Zeit Furore gemacht: das „Indochine“ mit französisch-vietnamesischer Küche, von der ich regelrecht begeistert war. Eingerichtet wie das New Yorker Original, überladen mit viel Palmen, Orchideen und sonstigen subtropischen Pflänzchen, aber in der Qualität Spitze, und deshalb ist es auch zum Newcomer des Jahres gekürt worden. Chef Steven Nguyen („Die Auszeichnung hat uns wirklich überrascht“) serviert Papaya-Salat und vietnamesische Frühlingsrollen, Tintenfisch-Salat und sein Hanoi-Spicy-Chicken. Und bitte nicht auf die Nachspeisen verzichten: Kokos-Eis mit CashewNüssen und Heidelbeeren oder das Dulce de leche mit Litschi-Sorbet haben sogar mich begeistert, und ich bin – zumindest beim Essen – kein „Süßer“.

Italienisch und griechisch in Dubai: "Il Borro Tuscan Bistro" und "Gaia"

Il Borro Tuscan Bistro in Dubai
Il Borro Tuscan Bistro in Dubai (c) Time Out Dubai

Genug des asiatischen Überschwanges. Natürlich kann man auch exzellent Italienisch essen. Am besten im „Il Borro Tuscan Bistro“ gegenüber des berühmten Burj al Arab, des Sechs-Sterne-Hotels, das in der Anmutung eines Segels vor der Küste zu einem Wahrzeichen Dubais geworden ist. Dort gibt’s den Branzino in der Salzkruste oder ein riesiges Bistecca alla Fiorentina, fast so gut wie in Florenz. Oder im „Social“ des Waldorf Astoria das Restaurant des Deutschen Heinz Beck, der sich als „bester Italiener“ mit seinem „La Pergola“ in Rom drei Sterne erkocht hat.

Gaia Dubai
© Gaia Dubai FB

Wer Griechisch-Mediterran liebt, den schicke ich am liebsten ins „Gaia“, wo es nicht nur allerfeinste Mezze gibt, sondern auch besten Fisch. Im hippen „Nammos“, der Schwester des Mykonos-Beachclubs, kann man zwar mit einem guten Drink den Sonnenuntergang genießen, vom superteuren Essen kann ich allerdings nur abraten. Nur hip ist eben nicht genug.

Steak im "Rhodes Twenty10" und "Fogo de Chao"

Rhodes Twenty10
© Rhodes Twenty10

Kommen wir zu den Steaks. In Dubai lässt man das Rindfleisch von Australien (natürlich Wagyu) oder aus den USA einfliegen. Steakhäuser gibt es wie Sand am Meer, und die besten sind in den großen Hotels: das „Seafire“ im Atlantis, das „Rhodes Twenty10“ im Royal Meridien, das „Prime68“ ganz oben im letzten Stockwerk des JW-Marriott-Hotels. Natürlich hat auch das berühmt-berüchtigte „NusrEt“ hervorragende Steaks, aber der Tick des ehemaligen Fleischhauers und jetzigen Chefs Nusret Gökce, seine Steaks mit Goldglitter zu bestäuben, halte ich einfach für dekadent. Kicker Franck Ribéry, der den Schwachsinn beeindruckt ins Internet gestellt hat, hatte zu Recht mit einem Shitstorm zu kämpfen.

Wer das Steak lieber brasilianisch, also auf dem Churrasco-Spieß genießen will, besucht den Rio-Ableger „Fogo de Chao“, auf der Terrasse mit beeindruckender Kulisse – nämlich mit direktem Blick auf das höchste Gebäude der Welt, das Burj Khalifa, gleich neben dem Einkaufsparadies „Dubai Mall“. Apropos Burj Khalifa: Wer sich die Wartezeit am Aufzug des 828 Meter hohen Wolkenkratzers ersparen will, bucht einen Tisch im „At.mosphere“ Restaurant im 123. Stock – und ruckzuck geht’s im Lift nach oben.

Fischrestaurant direkt am Meer: "Ibn AlBahr"

Ibn AlBahr
Ibn AlBahr am Strand in Dubai © Ibn AlBahr

Zum Schluss noch einen Spezialtipp, den ich jedem ans Herz legen will. Im ach so künstlichen Dubai existiert tatsächlich noch ein richtig bodenständiges Fischrestaurant direkt am Meer. Einfach und laut, aber richtig gut. Zum „Ibn AlBahr“ fährt man über die Brücke auf die Palme, dann rechts ab zum Beachclub Vista Mare, und dort am Meer tut sich ein Seafood-Paradies auf. Kein Wunder, denn das Open-AirRestaurant gehört tatsächlich den Fischern, die ihren frischen Fang am späten Vormittag abliefern. Auf einer langen Fischtheke liegen Snapper, Yellowtail und Wolfsbarsch, Krabben, Garnelen und Hummer auf Eis. Einfach die gewünschte Spezies aussuchen, und je nach Lust und Liebe wird dann gebraten, gedämpft oder gegrillt. Und das alles zu wohlfeilen Preisen (ein Zwei-Kilo-Fisch um 30 Euro), die man in den DubaiRestaurants sonst kaum irgendwo finden kann.

Das Gefühl, nach Monaten der kulinarischen Enthaltsamkeit was Ordentliches auf den Teller zu bekommen, ist schon überwältigend. Zu Hause hab ich mich bemüht, mit meiner Kochkunst zumindest kleine Erfolge bei Familie oder Freunden (Entschuldigung, im Moment kann ja nur einer auf Besuch kommen!) zu erzielen. Aber wirklich genossen hab ich die Kulinarik hier bei den Profis in Dubai.

Ich hab’s am Anfang zugegeben: Ja, ich habe gesündigt. Aber Sebastian, Angela und der liebe Gott werden mir hoffentlich vergeben.

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