Nach Brüssel – nicht nur der Pommes wegen…

Wenn das EU-Volk in Brüssel Parlament oder Kommission verlässt, dann sind meist die Pizzerien, Dönerbuden oder Salatbars der Umgebung das Ziel zum Mittag- oder Abendmahl. Für uns Besucher und Touristen bietet die europäische Hauptstadt aber weit mehr. Denn abgesehen von Paris isst man in Westeuropa nirgendwo besser als in Brüssel.

Brasserien, Haubenlokale und Pommes

Das Aux Armes De Bruxelles (c) visit.brussels

In der belgischen Hauptstadt angekommen, führt mich mein erster Ausflug immer in die Rue de Bouchers, die Touristen-Fressmeile gleich neben der Grand-Place. Denn mittendrin zwischen den Straßenlokalen mit bebilderten Speisekarten hat sich eine Brasserie dem Schnellimbiss-Trend entgegengestellt: Das Aux Armes de Bruxelles, vor 70 Jahren gegründet, wirkt ein bisschen wie aus der Zeit gefallen. Viel Messing und Holz, familiäre Logen mit Lederbänken, die Kellner mit Fantasieuniformen – und auf der Speisekarte stehen alle belgischen Spezialitäten, von den Moules frites über die Blutwurst mit Kartoffelpüree bis zur berühmten Waterzoi mit Kabeljau, Lachs und Shrimps in einer weißen Rahmsauce.

Die Küchenqualität hängt aber leider auch von der Zahl der Besucher ab, letztes Mal waren es zu viele für die relativ kleine Küche. Aber was will man meckern, es ist wirklich gemütlich hier. Und das Menü gibt’s für 42,50 Euro für drei Gänge. Nächstes Mal – so hoffe ich -werden die Muscheln wieder richtig warm sein. Nachher geht’s noch auf einen Sprung zur Grand-Place, ins Le Roy auf ein belgisches Bier, ein „Blonde“, als Digestif mit Blick aufs Rathaus, und die Brüsseler Welt ist wieder in Ordnung.

Weil wir schon bei den „originalen“ Brasserien sind, da gibt’s in der EU-Metropole noch einige. Zum Beispiel das L’Ogenblik, auch nur 50 Meter von der Grand-Place entfernt, wo die Lammkoteletts, Kalbsbries und Steak frites bis Mitternacht serviert werden. Oder das Spinnekopke, das sich selbst noch als „Estaminet“, also als richtiges Wirtshaus bezeichnet und wo Sven und Esther mit viel Charme das St-Hubertus-Bier (mit 7,2 Prozent Alkohol, Achtung!) und ein belgisches Rindswangerlgulasch auftischen.

Die neuen Brasserien und Bistros

Le Selecto (c) be-gusto.be

Ja, Sie haben recht, kalorienarm ist diese Küche nicht. Aber für die moderne Küche gibt es die neuen Brasserien und Bistros, die sich in großer Zahl breitgemacht haben. Die meisten gibt’s in Sainte-Catherine rund um die schöne Kathedrale. Etwa das Selecto, wo eine Geflügelsuppe mit Curry, Linsen, Crevetten und Koriander, dann eine Entenbrust mit Calvados-Creme und zum Abschluss eine Crème brûlée mit karamellisierten Bananen und Rum serviert werden. Bei Isabelle Arpin genießt man das Sechs-oder Acht-Gänge-Menü in einem Stadthaus an der Avenue Louise mit einigen Überraschungen (Leber mit Austern, Popcorn zum Fisch), Isabelle ist der aufsteigende Star am Gourmethimmel von Brüssel. Auch ein Besuch im Sablon-Viertel zwischen dem Königs-und dem Justizpalast ist kulinarisch angesagt. Empfehlen kann ich das „San Sablon“ wo man von Austern mit Kimchi, Jakobsmuscheln mit Trüffeln bis zum Hanger-Steak mit Karotten und Chimichurri acht Gänge für 95 Euro serviert bekommt.

Meeresfrüchte in Brüssel

De Noordzee in Brüssel

Da die Nordsee nur etwas mehr als eine Stunde mit dem Auto entfernt ist, freue ich mich in Brüssel am meisten über das wirklich frische Seafood. Einfache Gemüter wie ich stellen sich dann bei De Noordzee, einer Freiluft-Fischbar, gemeinsam mit Dutzenden Einheimischen an, um Austern, Krabben, Fischsuppe, Shrimpskroketten unter Angabe meines Vornamens zu bestellen – und natürlich auch die knusprigen Fischstäbchen mit Sauce tartare, die nicht nur meine Tochter, sondern auch mich begeistert haben. „Hans?“, brüllt der Kellner und bringt mir dann -nach artigem Aufzeigen – alles an den wackeligen Stehtisch auf dem Vorplatz. Einfach, aber gut. Wer es ein bisschen komfortabler will, der pilgert entweder in den Crab Club beim mittelalterlichen Stadttor Porte de Hal oder ins Vismet beim Fischmarkt -ob der Lage natürlich gut mit frischem Seafood versorgt.

Den besten Fisch gibt’s allerdings im L’Ecailler du Palais Royal, also beim „Fischverkäufer des Königspalastes“ (so die holprige deutsche Übersetzung). Dort wird eine grandiose Bouillabaisse aufgetischt, mit Rouille und Croûtons, comme il faut. Österreichs EU-Kommissar Johannes Hahn ist dort gemeinsam mit seiner Frau Susanne Riess, der Wüstenrot-Chefin, Stammgast. Schließlich ist er einer der wenigen der deutschsprachigen EU-Spitze in Brüssel, der gutes Essen zu schätzen weiß: „Am besten im ersten Stock reservieren, da ist es noch gemütlicher“, rät er.

Haubenlokale in Brüssel

(c) Villa Lorraine

Jetzt müssen wir uns endlich auch den besternten und behaubten Spitzenlokalen widmen, die natürlich durchgängig französisch angehaucht sind. Das Comme chez Soi, ein etwas enges Jugendstilrestaurant im Familienbesitz, zählt seit fast einem Jahrhundert zu den besten und hat seit 1953 ununterbrochen Michelin-Sterne. Auch die Villa Lorraine bietet unter dem neuen Chef Yves Mattagne ähnliche Qualität, nur die Umgebung, direkt am Stadtwald im Süden, ist reizvoller. Und die scheußlichen bleikristallschweren Weingläser, über die ich mich beim letzten Besuch so aufgeregt habe, sind endlich ordentlichen Riedel-Gläsern gewichen.

Zwei Neuzugänge im Gourmet-Bereich haben es mir besonders angetan: Das Bozar neben dem Palais des Beaux-Arts bietet nicht klassische, sondern moderne Kulinarik auf höchstem Niveau. Spezialitäten sind die Pastete im Brotteig (mit Schweinsfilet und Gänseleber) und die Entenbrust mit Schwarzwurzeln. Beim zweiten Neuling muss der Besucher tiefer in die Tasche greifen. Im La Paix in Anderlecht wird französisch-japanisch gekocht – auf hohem Niveau und mit hohen Preisen. Samstagabend muss man für das Zwölf-Gänge-Menü 275 Euro hinlegen, da bin ich gleich aufs Mittagsmenü um 145 Euro umgestiegen. Auch nicht geschenkt, aber Seeigel mit getrockneten Kaki, Tintenfisch mit Lachskaviar und Miso-Tuna in der Reishülle waren es wert. Ehrlich, das „La Paix“ kann es mit den besten Japanern nicht nur in Europa aufnehmen.

Nirgendwo in der Welt gibt es mehr Pommesbuden

Fritkot Chouke (c) visit.brussels

Aber nach (oder vor) den Gourmet-Abstechern muss man natürlich in Brüssel die Pommes frites verkosten. Nirgendwo in der Welt gibt es mehr Pommesbuden und nirgendwo bessere Fritten – behaupten zumindest die Belgier. Also habe ich mich auf die Suche gemacht und darf Ihnen meinen Liebling präsentieren: Bei Fritkot Chouke an der Place Sainte-Catherine muss man sich zwar lange anstellen, um an die heiß begehrte Ware zu kommen, aber Frau und Kind waren von der Riesenportion begeistert -vor allem auch von den zehn verschiedenen Saucen von „Tartare“ über „Brazil“ bis zu „Samurai“, und das alles um vier Euro.

Tipp Nummer zwei kommt von einer besonderen Expertin: Langzeitkanzlerin Angela Merkel eilte in den Pausen von EU-Gipfeln meist zu Maison Antoine an der Place Jourdan gleich neben dem Ratsgebäude. Sie bevorzugte übrigens die Sauce andalouse mit Paprika und viel Knoblauch. Na ja, kein Problem, bei den Gipfelgesprächen wird ja mehr gestritten als geküsst.

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