Auf Capri und in Neapel: Que Sera, Sera …

Was haben Sylvester Stallone und ich gemeinsam? Wir waren in jedem Lokal auf Capri, in dem es halbwegs gutes Essen gibt. Denn auf der Insel, die täglich von bis zu 30.000 Fremden gestürmt wird, gibt es ja auch so manche Tourifalle.

„Flach ins Boot legen, damit wir durch die enge Felsspalte durchkommen!“, kommandiert der Mann mit dem Ruder. Und dann, schwuppdiwupp, sind wir drinnen, in der viel beschriebenen „Blauen Grotte“ von Capri. Das Wasser ist tatsächlich blau, auch wenn man darin nicht baden darf, außer, man heißt Heidi Klum. Es wäre wirklich wunderschön hier, wenn nicht plötzlich Gesangskakophonie ertönen würde, die in den Ohren wehtut. Jeder einzelne Bootsführer, und es sind leider viele Boote drin, stimmt entweder „O Sole Mio“ oder „Que Sera, Sera“ an. Am besten die Ohren zuhalten und die Blaue Lagune nur mit den Augen genießen.

Apropos Genießen: Natürlich findet man in Capri viele bekannte und manchmal auch gute Restaurants. Fast alle sind teuer, man bezahlt dafür, wie viel Hollywood-Prominenz schon dort gespeist hat. Zum Beispiel im berühmtesten Lokal, dem „Aurora“ an der kleinen Seitenstraße auf dem Capri-Hügel. Sylvester Stallone, Leonardo die Caprio, Beyoncé, sogar Taylor Swift prangen fototechnisch mit der quirligen Eigentümerin an der Wand. Die sind sicher bevorzugt bedient worden, was ich bei meiner Visite nicht behaupten kann.

Ristorante Aurora in Capri (c)paulschirnhofer.de

25 Minuten Wartezeit bis zur Bestellung, und dann wird schnell-schnell alles auf den Tisch geworfen. Ich freue ich mich trotzdem über eine perfekte hauchdünne Pizza als Vorspeise. Das Fisch-Carpacchio mit Pinienkernen und Mohn ist mehr originell als gut, die Linguine mit Vongole und Zucchini kommen eher ungewürzt und fad, die Tranchen vom Beef sind okay, aber mit 48 Euro für sechs Schnittchen vor allem teuer – schließlich war aus Hollywood niemand da, dessen Anwesenheit den Preis hätte rechtfertigen können…

Da fühl ich mich ein paar Häuser weiter in der „Pescheria Le Botteghe“ schon wohler. Bis Mittag eine echte Fischhandlung, verwandelt sich das Lokal bis zum Abend in ein trotz Hochsitzen und Bartischen gemütliches Restaurant mit natürlich allem auf der Karte, was das Meer ringsum zu bieten hat. Ich bestelle Tintenfisch und kleine Scampi gebacken, ein superfrisches Muschel-Carpaccio und dann einen Red Snapper, kurz mit Kräutern gegrillt, wunderbar. Und die Rechnung ist trotzdem halb so hoch wie im „Aurora“ zuvor.

In der Konditorei „Buonocore“ beim Hauptplatz hole ich noch feine Dolcetti mit Mandeln, Pinienkernen und Mohn und freue mich über den wunderschönen Blick aufs nächtliche, vom Mond erhellte Meer.

Ja, Capri hat schon was, auch wenn pro Tag bis zu 30.000 Touristen die Insel stürmen, um auf die zwei Farglioni-Felsen zu schauen und saures Zitroneneis aus der Schale zu löffeln.

Zwei weitere Besuche versöhnen mich mit dem kulinarischen Promi-Gehabe auf der Insel. Auch im „Capannina“ lachen Stallone (der war offensichtlich so wie ich überall zu Gast) und Dustin Hoffmann von der Wand, aber der Service ist freundlich und das Essen tadellos. Diesmal Carpaccio vom Tintenfisch, diesmal mit Artischocken, die lieben sie auf der Insel. Dann wirklich schmackhafte Spaghetti Vongole und schwarze Linguine mit knackigen Shrimps. Geht doch, auch wenn man keinen Promi-Status hat.

Am Abend geht's in den Norden der Insel

… und zwar ins „Paolino“, das Zitronen-Restaurant. Überall ranken sich die gelben Zitrusfrüchte um und über die Tische, es duftet nach ihnen – einfach kitschig, aber meiner Frau hat es richtig gut gefallen und mir auch. Die Vorspeisen schlagen alles, was in Capri-Stadt angeboten wird: Tuna-Sashimi mit schwarzem Trüffel, Pulpo mit Oliven, gebackene Zucciniblüten mit Mozzarella, Ravioli, gefüllt mit geräuchertem Provolone und Riesentomaten mit überdimensionalen Spinatblättern, fantastisch. Als Hauptspeise bestelle ich natürlich den ganzen Branzino in der Salzkruste – und siehe da, der Fisch ist richtig saftig, zart und nicht wie so oft am Mittelmeer trocken und durch, weil er zulange im Ofen geschmort hat. Ins Schwärmen komme ich dann beim Dessert-Buffet, das in einem kleinen Pavillon zur Selbstbedienung angerichtet ist. Erdbeeren, Kuchen, Eis, Torten und Süßgebäck, Mascarponecreme und Panna Cotta. Schleckermaul, was willst du mehr?

Kulinarisch lohnt sich auch ein Besuch im Sternerestaurant „Le Monzu“ des traditionellen Hotels Punta Tragara, dass übrigens Le Corbusier gebaut hat, oder der „Terrazza Tiberio“ im gleichnamigen Hotel, beide mit wunderbarem Blick aufs Meer oder über die Dächer Capris. Mir sind beide zu teuer und zu wenig gemütlich, ich fühle mich bei „Al Grottino“ nahe der Piazetta oder bei „Da Tonino“ auf einem Hügel bei Capri wohler. Beide können keine Aussicht vorweisen, das Essen ist aber gute Hausmannskost und preislich in Ordnung.

Tags darauf geht’s mit dem Boot zum Testen in den berühmten Beachclub von Capri, wo schon die eingangs erwähnte Heidi Klum Hochzeit gefeiert hat: „La Fontelina“ ist einer der wenigen Plätze, von wo man über Treppen an den Felsen vorbei tatsächlich im Meer schwimmen kann. Das geht allerdings ins Geld. Der Eintritt kostet heuer schon 48 Euro, für Liegestuhl und Badetuch müssen noch mal 34 Euro draufgelegt werden. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass man vorher im Restaurant geluncht hat – na ja, was tut man nicht alles, um sich später zwischen den Reichen und Schönen in der Sonne räkeln zu können? Leider ist die Qualität der Küche enden wollend. Seafood-Salat, Pasta mit Shrimps, Fisch-Sashimi, alles irgendwie lieblos zubereitet, ein bisserl geschmacksfrei halt.

Zurück nach Neapel

Zurück nach Neapel nehmen wir die Fähre, voll Vorfreude auf leistbare kulinarische Genüsse. Schließlich ist hier der Ursprungsort der Pizza, die kostet nicht mehr als zwölf Euro, und nach Capri ist ja ohnehin neue Sparsamkeit angesagt. Aber welche der Hunderten Pizzerias soll man heimsuchen? Ich habe neapolitanische Freunde gefragt und recherchiert. Die beiden Besten sind unangefochten die „Antica Pizzeria da Michele“ und „Gino Sorbillo“. In der Ersten hat Julia Roberts im Film „Eat, Prey, Love“ ihre Pizza Margherita verzehrte. Die gibt es nur mit Tomaten und Käse oder als Marinara ohne Käse, dafür mit Knoblauch.

Als bekennender Nichtvegetarier ist mir das zu wenig, und ich laufe zehn Minuten weiter zu Gino Sorbil, der mich persönlich am Eingang empfängt, allerdings als Pappfigur. Und bei ihm fühle ich mich kulinarisch aufgehoben. 29 verschiedene Pizzen sind im Angebot von der „Ettore“ mit Speck, Champignons und Basilikum bis zur „Rudolfo“ mit Parmaschinken, Provolone und Rucula. Der Geschmack ist fast perfekt, nur der noch immer dünnflüssige Käse auf dem Pizzaboden stört mich. Aber gut, wir sind spät dran, und der Pizzabäcker will halt nicht länger warten, sondern endlich den Ofen abdrehen. Sei’s drum, Ginos Pizzeria war trotzdem ein Erlebnis, und ich schüttle beim Weggehen dem Pappkameraden Gino zum Abschied die Hand.

Für den nächsten Capri-Trip hat meine Frau schon eine Idee. Sie kommt im Petticoat, ich mit einem fliegenden Seidenschal, und gemeinsam mieten wir uns eine Vespa. Es geht doch nix über das perfekte Flair der Fünfzigerjahre.

Restaurant Empfehlungen für Capri und Neapel auf einen Blick