The Hans in Budapest: Die beste Küche im ehemaligen Osten
Neun Sterne-Restaurants, erstklassige Weine, freundliche Menschen: Ein Wochenende in BUDAPEST ist im wahrsten Sinn des Wortes ein Genuss. Ich habe sie alle ausprobiert – die Besten und die Geheimtipps in den Innenhöfen.
Mir als Wiener liegt Budapest am Herzen. Es ist nicht nur die K.-u.-k.-Vergangenheit, die ehemals direkte Lage am eisernen Vorhang, es verbindet uns auch eine kulinarische Tradition, die sich bis heute auf den heimischen Speisekarten manifestiert – von Gulasch und Paprikahendl bis Krautfleisch und Esterházy-Torte.
Doch in den kommunistischen Tagen ist die Küche in Ungarn im wahrsten Sinn des Wortes verkommen. Erst nach dem Umsturz in den 90er-Jahren begann die Wiedergeburt – ganz eng mit dem „Gundel“ verbunden. Dieses geschichtsträchtige Restaurant wurde seinerzeit um mehr als 23 Millionen Dollar von Ronald Lauder, dem ehemaligen US- Botschafter in Österreich, renoviert und als Gourmet-Hotspot etabliert. Heute sind gastronomisch nur noch die berühmten „Gundel“-Palatschinken übriggeblieben.
Trotzdem: das „Gundel“ war sozusagen der Urknall der neuen ungarischen Küche. Heute ist Budapest mit neun Sterne-Restaurants die höchstdekorierte Hauptstadt aller exkommunistischer Länder. Ein persönlicher Augenschein beweist es: Toplokale, erstklassige Weine, freundliche Nachbarn – das Wochenende in Budapest ist ein Genuss.
Wir fangen gleich mit dem Höhepunkt an. Das „Babel“ liegt gleich neben der ältesten Kirche in einem modernisierten Altbau, an deren Mauer noch die Markierungen des Hochwassers von 1838 sichtbar sind. Und das Erfreuliche: Das zehngängige Menü ist eine Hommage an die ungarische Küchentradition, nur modernisiert – die Forelle gibt’s mit Auster und Fenchel, die Fischsuppe mit Steinbutt und Kohlrabi, die Krautroulade mit Beef Tartare und das Mangaliza-Schwein mit Trüffel.
Das Gulasch fehlt bewusst, aber dafür sind ja die traditionellen Wirtshäuser da. Dutzende hervorragende Weine unter 60 Euro die Flasche oder eine selbstgemachte Juice-Begleitung (Apfel/Weizen, Birne/Kamille, Karotte/Basilikum, Kürbis/Holunder – auch für einen bekennenden Weinfreak interessant!) runden das Gourmeterlebnis ab.
„Babel“-Eigentümer Hubert Hlatky-Schlichter, 45, dessen Großvater Baumeister für Kaiser Franz-Joseph in Györ war, über sein Credo: „Zuhause hab ich Pörkölt und Kohlroulade geliebt – auf diesen Traditionen wollte ich aufbauen, aber mit neuen Ideen eine neue Küche schaffen!“ Das ist ihm gelungen, Chapeau! Auf gleichem – hohen – Niveau, aber mit etwas mehr Chichi, wird im „Stand“ gekocht, im Osten des Stadtteils Pest. Für mich ein bisschen zu französisch verspielt (Kartoffel mit Lauchkompott, Apfelpürree, Pilzkaviar und Trüffel, na ja) und mit Ausnahme einer modernen Gulaschsuppe nichts wirklich Ungarisches.
Da bietet der Bistro-Ableger „Stand25“ hinter dem Buda-Schloss auf der anderen Seite der Donau schon etwas mehr klassische Anlehnung: Entenleber mit Apfelmus, marinierte Forelle, Ente mit Kraut und zum Abschluss Somlauer Nockerl, ein Nussbiskuit mit Vanillepudding, Rumrosinen und Schokosauce. Ehrlich, mir hat’s im Bistro besser geschmeckt als beim Fine Dining um den doppelten Preis.
ABER BLEIBEN WIR GLEICH beim gemütlicheren Teil von Budapest, auch da hat sich kulinarisch eine Menge getan. Wer exzellenten Wein mit gutem Essen verbinden will, pilgert in die „Borkonyha Winekitchen“ und lässt sich von einem Sommelier der Sonderklasse beraten: Furmint vom Balaton, Chardonnay aus Somlo oder Kekfrankos aus Eger, einfach verkosten, gemeinsam mit einer Krautsuppe mit Jakobsmuschel und einem Rehrücken mit Rotkraut und Artischocken.
borkonyha.hu
+3612660835
Oder man geht ins „MAK“, wo der 22-jährige Chef erst vor Kurzem als „Bester Jungkoch Ungarns“ ausgezeichnet worden ist. Aus der eigenen Farm bringt Janos Mizsei das Gemüse, serviert die Karotten geräuchert mit Holunder, den Kürbis mit Cashewnüssen und das frische Kraut mit Waldmeister..
mak.hu
+36307239383
Für die Nicht-Vegetarier unter uns steht dann noch die Forelle mit wildem Knoblauch oder das Mangaliza-Schwein mit Pinienkernen auf der Karte. Ähnlich gut und verspielt wird im „Essencia“ gekocht, Tiago, der Portugiese, ist für die internationale Kost verantwortlich und seine Partnerin Eva für den ungarisch inspirierten Teil des Menüs.
essenciarestaurant.hu
+36706000315
Für Samstag oder Sonntag Mittag habe ich einen Geheimtipp: das „Pierrot“ gleich hinter der Fischerbastei. Ein reizender kleiner Gastgarten im Innenhof einer Bäckerei aus dem 13. Jahrhundert lädt zum romantischen Lunch ein. Eine Foie-gras-Paté als Pyramide geschichtet, eine ungarische „Fischsuppe de Luxe“ mit Zander und Muscheln, ein Paprika-Gulasch mit kurz überbackenen Nockerln – schöner wird der Sonntag nicht mehr.
Vor allem, wenn man das angebotene „moderne“ Schnitzel auslässt. Die sind nämlich viel zu dick („Ich will, dass der Gast schön reinbeißen kann“, sagt der Koch), mit gebuttertem Kartoffelpüree und gebratenen Salatherzen („meine Erfindung“, darauf ist er stolz). Ehrlich, lieber Chef, Finger weg von unsinnigen Verbesserungen, ein Schnitzel sollte ein Schnitzel bleiben. Abgesehen davon war’s ein gelungener Sonntagslunch.
Aber jetzt gerne drei Vorschläge, um echt ungarisch zu essen.
ICH KENN JA MEINE LESER. Sie fragen sicher, wohin man geht, wenn man was Traditionelles essen will – ein Gulasch halt oder ein Paprikahendl eben. Nur damit kein Irrtum aufkommt: Das typische Rindgulasch, das man aus Wien kennt, gibt’s bei unseren Nachbarn nicht, das ist eine österreichische Erfindung. Ein Gulyas in Ungarn ist eine deftige Gulaschsuppe, und das sogenannte Pörkölt ist ein Schweinsgulasch mit Paprika und Nockerln.
Das älteste und originellste Wirtshaus liegt etwa 20 Minuten von der Innenstadt entfernt auf der Buda-Seite. „Nancsi Neni“ heißt es nach der Großmutter, die den Kochstil bis heute bestimmt.
Draußen ein kleiner Gastgarten, drinnen Holztische mit rotkarierten Tischtüchern und auf der Speisekarte alles, was das magyarische Herz begehrt: Gänseschmalz aus dem kleinen Töpfchen, eine Erbsensuppe mit Karotten und Nudeln, Entenkeule mit Entenleber, Schweinsgulasch mit viel Paprika und Kartoffeln. Topfenknödel mit Marillenmarmelade. Und das alles um 30 Euro pro Person. „Mein Essen muss sich jeder leisten können!“, verspricht der Patron, und es stimmt sogar.
Dann darf ich noch das „Rosenstein“ im jüdischen Viertel, mein Lieblingswirtshaus, empfehlen. Dort bestelle ich die Gänseleber in der süßen Tokaj-Sauce, dann das Paprikahendl mit Kartoffelknödel und einen richtigen Kaiserschmarren, schließlich war Franz Joseph I. auch das ungarische Staatsoberhaupt. Klar, dass anschließend der Zwetschkenschnaps Palinka auf den Tisch kommt, sonst könnt ich mich selbst nur noch schwer nach Hause begeben.
Für alle Feinspitze, denen das traditionelle Abendessen zu schwer ist, hat Hubert Hlatky-Schlichter, gleich um die Ecke von seinem „Babel“ ein neues, modernes Wirtshaus aufgemacht, das „Kiosk“ in einer ehemaligen Turnhalle. „200 Leute kann ich hier verköstigen – und es ist trotzdem gemütlich“, erzählt er.
Als Vorspeise bestellt man für den ganzen Tisch eine Platte mit Wildwürstel, Mangalizasalami und getrocknetem Schinken, dann Rindssuppe mit Grießnockerln und ein Kalbs-Paprikasch mit Eisbergsalat – füllt noch immer den Magen, ist aber doch etwas bekömmlicher als bei „Nancsi Neni“ oder im „Rosenstein“.
Lassen wir dem Nummer-eins-Gastronomen Ungarns das letzte Wort: „Nirgendwo im ehemaligen Osten isst man heute so gut wie in Budapest, glauben sie mir!“ Ich hab’s getestet, er hat Recht.
Alle Restaurant Tipps für Budapest auf einer Karte
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